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Stadt Wesseling

24.08.2020: Bürgermeister Esser stellt sich vor Verwaltung und Feuerwehr

Fraktions-"Gutachten" zur Feuerwache unfundiert

Die Feuer- und Rettungswache der Stadt Wesseling am Kronenweg entspricht nicht mehr den Anforderungen an eine moderne Wache. Die Verwaltung hat dem Rat der Stadt daher im Juni vorgeschlagen, an der Hubertusstraße eine neue Wache zu errichten. Im Auftrag des Rates setzt die Verwaltung aktuell die Prüfungen für das städtische Grundstück an der Hubertusstraße fort, bevor eine Entscheidung zwischen dem neuen und dem aktuellen Standort fallen soll. Parallel dazu wird die Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplans vorangetrieben. Nun hat eine der Ratsfraktionen ein Brandschutzbüro mit einer Stellungnahme zum Standort Hubertusstraße beauftragt und greift die Verwaltung und insbesondere den Bürgermeister an.

Eine Verlegung an den Standort Hubertusstraße gefährde die Einsatzbereitschaft der Wesselinger Feuerwehr bis hin zum Totalausfall, heißt es da. Bürgermeister Erwin Esser ist entsetzt angesichts fachlich derart unfundierter Meinungsmache und darüber, dass wissentlich mit den Ängsten der Bürgerinnen und Bürger gespielt werde: "Die Stellungnahme kommt von einem Sachverständigen, der keinerlei Fachlichkeit in der Seveso- und Störfall-Thematik mitbringt, und schürt unnötig Ängste in der Bevölkerung. All das wird ins Feld geführt, um den Bürgermeister zu schädigen und ohne Rücksicht darauf, wer in der Verwaltung noch getroffen wird. Ich bin als Verwaltungschef verantwortlich für die Kolleginnen und Kollegen im Planungsbereich und von der hauptamtlichen Feuerwehr und die Kameradinnen und Kameraden von der freiwilligen Feuerwehr und werde nicht zulassen, dass die Feuerwehr zum Spielball politischer Interessen wird."

Der von der Fraktion mit einer Untersuchung beauftragte Sachverständige ist bei der IHK als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Brandschutz anerkannt, verfügt jedoch weder über die formelle Qualifikation noch über die erforderlichen Fachkenntnisse, um Fachgutachten zur Seveso-III-Richtlinie bzw. zur Störfallthematik erarbeiten zu dürfen. Auch diese Expertise müsste formell durch die IHK anerkannt werden, wenn sie denn da wäre. Die von der Fraktion extern beauftragte Stellungnahme befasst sich trotzdem vorrangig mit der Nähe des Standorts zu einem der störfallanfälligen Werke.

Ein Bebauungsplanverfahren, das auch für einen Bau an der Hubertusstraße notwendig ist, beinhaltet in Wesseling immer auch eine Abwägung in Sachen Seveso-Richtlinie. Diese europäische Richtlinie bedeutet, dass sich die Stadt Wesseling bei allen ihren räumlichen Planungen mit der Verträglichkeit von Störfall-Betriebsbereichen und schutzbedürftigen Nutzungen innerhalb der ermittelten angemessenen Sicherheitsabstände befassen muss. Dies betrifft ca. 70 % des Stadtgebietes Wesseling. "Um sich weiter nebeneinander und miteinander entwickeln zu können, hat die Stadtverwaltung, in enger Abstimmung mit der Bezirksregierung Köln und den Werken ein städtebauliches Entwicklungskonzept erarbeitet, das von der Politik im Juli 2019 beschlossen wurde. Im Ergebnis bedeutet das, dass in jedem Bebauungsplanverfahren auch eine Abwägung nach der Seveso-Richtlinie unter Hinzuziehung von Fachgutachten und unter Berücksichtigung aller planungsrelevanten Belange stattfindet", erläutert Gunnar Ohrndorf, Erster Beigeordneter der Stadt Wesseling. Das wird auch im Fall Hubertusstraße so sein. "Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass der Bau dort möglich ist. Sonst hätten wir ihn nicht vorgeschlagen."

Eine Feuer- und Rettungswache wird von der Verwaltung als Vorhaben der Schutzstufe 1 (kein Schutzstatus im Sinne der Seveso-III-Richtlinie) eingeordnet. Warum? Wer im Gebäude ist, verfügt über Ortskenntnis und v.a. über allergrößte Spezialkenntnis zur Störfallthematik und erforderlicher Schutzausrüstung bzw. Einsatzplanung. Die vom Brandschutz-Sachverständigen getroffene Zuordnung der Feuerwache zu den Schutzstufen 3 oder 4 ist falsch. Unter die Schutzstufen 3 bzw. 4 fallen z.B. Schulzentren, Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime.

"Optimistisch stimmt uns neben unserer eigenen Expertise der Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen aus anderen Städten, die unter die Seveso-Richtlinie fallen. Auch dort gibt es Feuerwachen in Werksnähe", berichtet Ohrndorf, der den Vorstoß der Fraktion aus fachlicher Sicht missbilligt, aber auch, weil er die Botschaft an die Bevölkerung für haltlos und fahrlässig hält. "Was sollen denn die Bürgerinnen und Bürger denken, die in der Nähe der Hubertusstraße wohnen, an der Ulmenstraße ihre Kinder in die Kita schicken oder zum Freitagsgebet die Moschee besuchen? Dass sie sich tagtäglich dort aufhalten, dort schlafen, dort beten, aber für die Feuerwehr, die Expertinnen und Experten für Gefahrenabwehr, ist es zu gefährlich?"

Für das Grundstück an der Hubertusstraße spricht auch, dass die Feuerwache auch Berzdorf rettungsdienstlich mit bedienen kann, was bisher nicht der Fall ist. Hier werden zurzeit die Rettungsdienstfahrzeuge aus Brühl zuerst alarmiert. Der Ortsteil Urfeld würde weiterhin in der gesetzlich geforderten Hilfsfrist liegen. Auch das Fehlen eines Brandschutzbedarfsplans wird in der Stellungnahme mit der Entscheidung über den neuen Standort verwoben. "Dieser Plan fehlt nicht, sondern gilt in der Fassung von 2012, bis er im laufenden Jahr fristgerecht fortgeschrieben wird. Er hat jedoch so oder so keine Änderungen in Bezug auf Hilfsfristen, also die Zeitfenster, innerhalb derer wir die Einsatzorte erreichen können müssen, zur Folge. Weder der Standort Kronenweg noch der Standort Hubertusstraße ist einsatztaktisch problematisch", erläutert Feuerwehrchef André Bach.

"Wie die Auftraggeber hat sich auch ihr Brandschutz-Sachverständiger am sogenannten Rendezvous-System festgebissen, das es so schon lange nicht mehr gibt. Auch hier fehlt es also schlicht an Wissen", bemängelt Bach. "Früher hat der Rettungsdienst die Notärztin oder den Notarzt auf dem Weg zum Einsatzort am Krankenhaus abgeholt. Das ist in Wesseling seit 14 Jahren nicht mehr üblich. Mittlerweile sind Notarzt und Notarzteinsatzfahrzeug tagsüber zusammen im Krankenhaus und nachts auf der Feuerwache stationiert. Bei einer Alarmierung rücken sie gemeinsam aus. Der Standort der Feuerwache und die Entfernung zum Krankenhaus tut für den Ablauf damit nichts zur Sache", erläutert Bach aus der alltäglichen Arbeit.

Bürgermeister Esser bedauert die neuerliche Diskussion: "Verwaltung und Politik waren sich nach jahrelangen Diskussionen endlich einig, dass die Feuerwehr eine neue Wache braucht und die Flickschusterei an der jetzigen Wache ein Ende haben muss. Die Verwaltung hat ein auf Feuerwachen spezialisiertes Büro beauftragt, das den Rat vollumfassend informiert hat. Der Ratsbeschluss aus dem Juni war für mich ein kleiner, aber doch ein Schritt nach vorn; auch im Sinne der Feuerwehrleute und Rettungskräfte, die auf diese Einigkeit schon weit länger warten als ich und trotz der räumlichen Einschränkungen große Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt leisten; zuletzt in der Corona-Krise. Dass eine Fraktion diesen bisher konstruktiven Weg verlässt, empfinde ich vor allem im Sinne der Feuerwehr als zutiefst enttäuschend."

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